150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Thannhausen - Rückblick

08.03.2023
Vor 150 Jahren wurde die Freiwillige Feuerwehr in der Stadt gegründet. Damals musste sie sich noch mit einfachen Wasserspritzen und Eimerketten behelfen. Im Jubiläumsjahr finden zahlreiche Veranstaltungen statt.

Im Jahr 1873 wurde die Freiwillige Feuerwehr Thannhausen gegründet. Seit genau 150 Jahren engagieren sich in der Mindelstadt Männer und Frauen ehrenamtlich, um anderen Menschen zu helfen. Das war nicht immer so wie ein Blick in die Archive verrät. Denn auch schon vor der offiziellen Gründung gab es ein organisiertes Löschwesen. Zu diesem Dienst waren die männlichen Bewohner der Stadt allerdings verpflichtet. Der Thannhauser Historiker und Denkmalforscher Dr. Bernhard Niethammer, der selbst auch aktiver Feuerwehrmann ist, geht davon aus, dass es bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert ein mehr oder weniger organisiertes Löschwesen gab. Einen Einblick gibt die aus dieser Zeit stammende „Policey Ordnung des Heyl. Röm. Reichs Grafschafft und Markht Thannhaussen”. Unter anderem ist darin festgelegt, dass jedes Haus eine Laterne, einen Feuerkübel und eine Leiter vorzuhalten hat. Eine Missachtung dieser Vorschrift wurde mit Geldstrafe belegt.

„Die Ausrüstung war wohl, wenn auch sehr spartanisch anmutend, vorhanden. Man kam aber schnell zu der Erkenntnis, dass diese nur dann erfolgreich eingesetzt werden können, wenn es im Ernstfall klare Regeln und Strukturen gibt.“ Deshalb erließen die Grafen von Stadion als zuständige Ortsherren 1731 eine entsprechende Feuerordnung, die unter anderem die Einteilung in sogenannte Feuerrotten vorsah. Damit waren die männlichen Einwohner mehrere Straßenzüge jeweils einem Rottenmeister unterstellt und wussten im Brandfall, was zu tun ist.

„Sowohl die Struktur als auch die Ausrüstung von damals hat wenig mit dem heutigen Leistungsspektrum gemein“, sagt Niethammer. Die größte Gefahr in dieser Zeit bestand durch Brände, die aufgrund der hölzernen und oft engen Bebauung nicht selten dazu führten, dass ganze Dörfer und Städte in Schutt und Asche gelegt wurden. Umso martialischer muten die Methoden an, die damals zur Anwendung kamen. „Mit sehr einfachen Feuerspritzen und Eimerketten war der Löscherfolg durch Wasser unter Umständen sehr begrenzt“, so Niethammer. Deshalb wurde dem Feuer die „Nahrung“ entzogen, indem man kurzerhand die angrenzende Bebauung in der Nachbarschaft dem Erdboden gleichmachte. Glücklicherweise wurden diese Gebäude, so war es gesetzlich festgelegt, mit Unterstützung der Marktgemeinde wieder aufgebaut.

Während aus der Anfangszeit im 17. und 18. Jahrhundert leider wenige Aufzeichnungen in den Archiven zu finden sind, ist es umso erfreulicher, dass die Thannhauser Feuerwehr über drei gut erhaltene und für die Entwicklung des Löschwesens wegweisende Relikte verfügt, die die immer stärker werdende Technisierung des Feuerlöschwesens zeigen. Ein erster Meilenstein war die pferdebespannte Saug- und Druckspritze, die 1899 auf Druck des Bezirksamts Krumbach beschafft wurde. Die Kutsche ziert heute den Eingangsbereich des Thannhauser Feuerwehrgerätehauses.

Im Jahr 1935 begann dann das Zeitalter der Motorisierung: Die ebenfalls bis heute erhaltene Motorspritze „Alemania“ kostete 4000 Reichsmark. In der Chronik der Feuerwehr ist vermerkt, dass „bis auf weiteres nach dem sonntäglichen Hauptgottesdienst Übungen mit der Alemania anzusetzen sind, um die Mannschaft mit der Handhabung der Maschine vertraut zu machen.“ Beeindruckend findet Bernhard Niethammer, dass die Alemania bereits damals 800 Liter Löschwasser pro Minute fördern konnte. „Damit ist sie mit den heute eingesetzten Tragkraftspritzen vergleichbar“, sagt er.

1954 erhielt Thannhausen dann ein erstes eigene Feuerwehrfahrzeug. Das Löschfahrzeug mit einer Vorbaupumpe auf Basis eines Opel Blitz wurde zum Stolz der Feuerwehr. Die Mannschaft war begeistert und die Übungsbereitschaft stieg sprunghaft an. Und auch dieser „Meilenstein“ ist bis heute im Besitz der Thannhauser Feuerwehr. Nachdem das Fahrzeug Anfang der 1980er Jahre ausgemustert worden war und nur noch als Ersatzfahrzeug diente, nutzten es im Sommer 1984 sechs junge Feuerwehrler für einen „Roadtrip“ in die rund 1.200 Kilometer entfernte Partnerstadt Mortain in der Normandie. Danach fristete der Opel Blitz mehrere Jahre im Dornröschenschlaf bis er im Zuge der Vorbereitungen auf das 125-jährige Gründungsjubiläum im Jahr 1998 von engagierten Thannhauser Feuerwehrleuten von Grund auf restauriert wurde. Heute ist er nicht nur bei Oldtimertreffen ein Hingucker.

Heute ist die Feuerwehr in Thannhausen gut für verschiedenste Einsatzlagen ausgerüstet. Der Fuhrpark umfasst sieben Einsatzfahrzeuge, mehrere Anhänger und seit einigen Jahren auch ein Boot für Wasserrettungen. Im Jubiläumsjahr engagieren sich neun Frauen, 47 Männer und zwölf Jugendliche bei der Thannhauser Feuerwehr. Durchschnittlich 60- bis 70-mal müssen sie dafür pro Jahr ausrücken. Waren die Brandeinsätze in den letzten Jahren eher zurückgegangen, nehmen diese aufgrund der zahlreichen automatischen Brandmeldeanlagen wieder zu. Dafür ist die Anzahl schwerer Verkehrsunfälle aufgrund der immer sicherer werdenden Fahrzeuge stark rückläufig.

Um technisch mit diesen Entwicklungen mithalten zu können, muss stetig in die Ausrüstung investiert werden. Zuletzt war dies die neue Drehleiter, die im Oktober 2022 in Dienst gestellt wurde. Sie war mit gut 700.000 Euro eine der teuersten Investitionen in der 150jährigen Geschichte der Feuerwehr. Gerade hier sei die technische Entwicklung enorm zu beobachten, so Bernhard Niethammer. Während bis Ender der 1960er Jahre zu Fuß mit einer mechanischen Holzleiter ausgerückt werden musste, verfügt man heute mit der neuen Drehleiter über ein Gerät, das den Feuerwehrlern von damals vermutlich wie von einem anderen Stern vorkommen muss.

Das Jubiläumsjahr feiert die Freiwillige Feuerwehr Thannhausen mit mehreren, über das Jahr verteilten Veranstaltungen. Den Auftakt bildet ein Vortrag mit Bernhard Niethammer, der Freitag, 17. März um 19 Uhr im Festsaal des historischen Rathauses die Entwicklung des Feuerlöschwesens vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre in den Blick nimmt.

Geplantes Veranstaltungsprogramm zum 150-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Thannhausen:

17. März | 19 Uhr | Vortrag „150 Jahre Freiwillige Feuerwehr“ mit Dr. Bernhard Niethammer, Festsaal des historischen Rathauses

14. April | 17 Uhr | Lesung „Komm wir gehen zur Feuerwehr“ für Kinder mit ihren Eltern, Feuerwehrgerätehaus (Anmeldung über das Familienzentrum ComeIn)

21. Mai | Aktionstag zum Mitmachen, Rathausplatz

30. Juni | Durst und Feuer löschen im Feuerwehr-Biergarten, Rathausplatz

28. Oktober | Offizieller Festakt zum 150-jährigen Bestehen für geladene Gäste, Katholisches Pfarrheim